Hinführung

Nachdem Israel im Jahre 587 v. Chr. endgültig von Babylon erobert worden war, befanden sich die Menschen in einer Phase der Resignation und Trostlosigkeit. Sie fragten sich: Wie kann Gott das zulassen? Lohnt es sich, an Gott festzuhalten? In dieser Situation ruft der Prophet die Menschen im Namen Gottes auf, zu Gott und zum Leben umzukehren. Ich lese den Betrachtungstext sorgfältig durch und markiere die Stellen, die Zustimmung, Fragen oder Widerspruch bei mir hervorrufen.

Loslassen

Zu Beginn der Betrachtung mache ich mir bewusst, was mich zur Zeit beschäftigt. Ich lasse diese Gedanken bewusst los. Ich muss diese Probleme jetzt nicht lösen, sondern lasse sie zurück, um mich Gott zuzuwenden, denn er will nun durch sein Wort zu mir reden.

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Um die Worte des Propheten möglichst intensiv nachzuempfinden, versetze ich mich in die Lage eines Menschen, der in Israel unter der babylonischen Besatzung leben muss.

Große Teile der Bevölkerung sind nach Babylon deportiert worden. Es gibt keine Perspektiven für Arbeit und Leben. In dieser Situation ist diesem Menschen der Glaube abhanden gekommen. „Warum muss ich ausbaden, was meine Vorfahren versiebt haben? Wenn Gott mich so hängen lässt, dann muss ich eben mit eigenen Mitteln kämpfen, da kann ich keine Rücksicht mehr nehmen auf Verbote und Gebote, die wir mal von Gott bekommen haben. Jeder muss eben selbst sehen, wo er bleibt. Sich auf Gott verlassen, das war mal! Man hat ja gesehen, wohin das führt.“ So können wir uns die enttäuschte Abkehr der Menschen von Gott und den Menschen, die ihre Misere verursacht haben, vorstellen. Die Folge war, dass die Menschen sich in heillose Sackgassen verrannt hatten.

Auch wir kennen die Enttäuschung, die uns ergreift, wenn unser Leben nicht so verlaufen ist, wie wir es erhofft hatten. Erst kommt die bittere Frage auf, ob es wirklich reicht, sich auf Gott zu verlassen, und dann die Versuchung, jenseits dessen, was gut und richtig ist, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. „Was kann ich dafür … ?“

Damals wie heute kommt Gott selbst zu uns in diese Situation hinein: Ich stelle mir vor, wie er mir als Person gegenübertritt und meine Enttäuschung, meine Sorge und meine Anklagen anhört. Geduldig fragt er nach, bis ich erkenne, dass ich die Bitterkeit, die mich durchdringt, selbst verursacht habe – und kein anderer.

Schließlich lädt er mich ein, zu ihm zurückzukehren, auf ihn zu vertrauen und den Blick nach vorn zu richten. Er will mein Leben neu machen, mir „ein neues Herz und einen neuen Geist“ schenken. Gott ruft mich vom Weg des Todes auf den Weg des Lebens.

Erwägungen

1. Gott widerspricht vehement dem Verschiebespiel von Schuld und Verantwortung!

Jeder ist für sein Leben vor Gott verantwortlich. Haben die Väter gesündigt, haben sie nicht nach dem Willen Gottes gelebt, so tragen sie die Verantwortung. Ebenso tragen die Kinder die Verantwortung für ihre Taten.

Es gibt keine Entschuldigung für die Sünde, weder durch das Abschieben auf die Väter noch durch den Hinweis: Ich habe doch auch schon einmal gerecht gelebt und viel Gutes getan. Abkehr von Gott und Sünde zerreißt das eigene Leben. Da gibt es nur eine Möglichkeit: Umkehr zu Gott.

2. Gott eröffnet Sündern den Weg zur Umkehr und zum Leben.

Hierin besteht nun die eigentliche Botschaft, die gute Nachricht des Wortes Gottes: Gott geht denen nach, die auf Abwege gekommen sind, die sich von Gott losgesagt haben und schuldig geworden sind, um sie zur Umkehr zu bewegen und ihnen neues Leben zu eröffnen.

Dieses Motiv durchzieht die ganze Bibel. Darum der eindringliche Ruf: „Kehrt um, … werft alle Übertretungen von euch, … lasst euch ein neues Herz und einen neuen Geist schenken!“ Gott hat kein Gefallen am Tod des Gottlosen, sondern dass er umkehrt zum Leben. (18,30-32)

Konkretion

Gott fordert mich durch sein Wort auf, die „heißen Eisen“ in meinem Leben anzupacken. Wo habe ich in meiner Enttäuschung die Verantwortung für mein Leben von mir weggeschoben? Es erfordert Mut, dazu zu stehen und Demut, die Abkehr von Gott, die Verfehlungen und die Resignation einzugestehen. Jedoch die Hinwendung zu Gott befreit aus Sackgassen, aus Schuld und Verstrickungen und schenkt neues, erfülltes Leben. In welchem Punkt möchte ich — im Vertrauen auf Gott — meinem Leben eine neue Wendung geben?

Friedel Fischer, Pastor i.R.

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