Hinführung

Das Hohelied beschreibt die Sehnsucht von zwei Verliebten, die sich die Schönheit des Partners und seine Anziehungskraft vor Augen malen und darin schwelgen. Ob es sich bei diesem Liebesverhältnis in erster Linie um zwei konkrete Menschen oder um die Liebe Gottes zu seinem Volk handelt, ist eine Diskussion, die hier nicht thematisiert wird. Der Predigttext steht am Ende und trifft nach detaillierten Beschreibungen eine allgemeine Aussage über das Wesen der Liebe.

Zeit, in die Gegenwart Gottes zu kommen

Im Vordergrund steht die Kraft der Liebe: Sie ist so stark wie der Tod, so machtvoll wie das Feuer, sie kann vom Wasser nicht überwunden werden, und man kann sie nicht kaufen. Geld oder Gut reichen an sie nicht heran. Ich kenne diese Liebe, ich wende mich ihr bewußt zu und suche sie erneut.

Zeit des Schauens

Diese Liebe lässt sich in verschiedenen Geschichten der Bibel „anschauen“. Zum Beispiel bei Michal, Davids Ehefrau, in 1 Sam 19, 7ff: Sie rettet David mit List das Leben, das Saul ihm nehmen will. Sie warnt ihn rechtzeitig vor Sauls Nachstellung und legt schließlich eine Puppe ins Bett, die Saul täuschen soll. Als der Schwindel auffliegt, täuscht sie Saul abermals und rettet dadurch auch ihr Leben. Ihre Liebe stellt sich den tödlichen Absichten von Saul entgegen. Sie, die augenscheinlich schwache Frau, macht die Mordpläne des mächtigen Königs zunichte. Ohne Gewalt und Waffen.

Zeit des Verstehens

Gott sei Dank lese und höre ich immer wieder Geschichten, wie Klugheit, Empathie oder Solidarität helfen, das Schwere leichter zu machen. Menschen, die in der Coronazeit ein hohes gesundheitliches Risiko eingingen, um Sterbenden beistehen zu können. Ukrainische Frauen, die wieder zurückkehren, um bei ihren Männern zu sein.
Alles Geschichten, in denen die Liebe im Angesicht des Todes nicht verzagt, sondern wächst und handelt. Beispiele, die Mut machen, ein Gegengewicht bilden zu der Zerstörung, die uns ständig vor Augen ist. Die zeigen: Wir sind nicht ohnmächtig, wir haben die Kraft der Liebe und diese Kraft kann etwas bewirken, auch in schwerer Zeit. Wir können und sollten diese Kraft suchen und alles versuchen, was uns in den Sinn kommt. Denn die Liebe ist stark, stärker, als wir zu glauben hoffen.

Das Neue Testament steigert das noch: Gott selbst ist Liebe (1. Joh 4). Die Auferstehung Jesu zeigt uns, Liebe ist sogar stärker als der Tod. Sie hat den Tod überwunden, sie hat das letzte Wort. Diese Zusage bestärkt uns, dass am Ende unseres Redens und unseres Tuns die Liebe bleibt.

Zeit des Herzens

Der Tod hat durch die kriegerische Auseinandersetzung in der Ukraine einen deutlichen Eindruck verursacht: Neben dem Flüchtlingselend im Mittelmeer, nach Corona mit seinen vielen Toten, bekommt er wieder einen Platz zur besten Sendezeit. Geschichten und Bilder sind so allgegenwärtig, dass ich ihnen kaum entkomme.

Bilder des Todes – Bilder der Liebe: Welche Bilder sehe ich in meiner Seele? Wo sehne ich mich nach der Kraft der Liebe, um eine Situation zu verändern? Wo habe ich Bilder und Geschichten der Liebe erlebt, die mich inspirieren? Wo möchte ich mit meiner Liebe hineinwirken?

Michael Fendler, ehemals Mitglied der Communität, Freund der Koinonia

Als PDF herunterladen

Anstehende Veranstaltungen