Hinführung

Der 6. Sonntag gilt im Kirchenjahr der Erinnerung an das Sakrament der Taufe. Dies Thema wird uns begleiten, wenn wir das Bibelwort betrachten.

Zeit, in die Gegenwart Gottes zu kommen

Meine Taufe: Sie bringt mich in Gottes Gegenwart. Sie wird mich immer daran erinnern, dass ich zu ihm gehöre, dass ich als sein Kind lebe und mit seiner Geistkraft verbunden bin.

Das darf ich mir in mein Herz holen: Ich bin bereits in Gottes Gegenwart, ehe ich selbst innerlich dessen gewahr werde. In dieser Zeit meiner Betrachtung darf ich ganz eintauchen in das Geschenk neuen Lebens, das Gott in seinem Sakrament anbietet. Ich gehöre mit allem, was ich an mir jetzt wahrnehme, zu ihm.

Zeit des Schauens

Paulus kann Taufe als einen Weg mit Christus beschreiben. Die Taufe führt mich mit Christus aus dunklen Todeserfahrungen hin zu dem Sieg der Auferstehung. Diesen Weg will ich betrachten, wie Christus mich mitnimmt an seiner Seite. Es ist der Weg, auf dem ich mich dem gütigen Willen des Vaters anvertrauen darf.

Darum soll über meinem Leben das aufleuchten, was Christus mit seinem Leben schenkt, mit dem er mich verbindet. Dazu gehören Tiefen und Höhen und eine große Geborgenheit.

Ich erinnere mich an meine Taufe und lasse mich mitnehmen in die schweren und schmerzlichen Abschnitte seines Lebens. Unter seinen Blicken fasse ich die Hand Jesu und spüre, wie er mich mitnimmt in seinen Tod, in sein Sterben, in dem alles Alte, alle Sünde gekreuzigt und besiegt werden. Für diese Betrachtung lasse ich mir Zeit, so kann ich langsam das Sterben des alten Menschen erleben. Immer gehalten an der Hand des Messias. Mit-getauft in seinen Tod. Er hält all das zurück, was dem eigensinnigen Leben verbunden war und nicht dem Leben dient.

Dieser Weg führt weiter. Christus nimmt mich mit in das neue Leben seiner Auferstehung. Lebenskräfte kehren zurück, Lebenshoffnung erfüllt alle Glieder und alle Sinne. Neues Leben kehrt mit Gottes Hilfe zurück. Mit-getauft in die Auferstehung Jesu bin ich nach der Taufe ein neuer Mensch. Ein neues Leben, das bereits den Geist des neuen Lebens abbildet, durchflutet mich. Nun beginnt Leben mit ihm.

Zeit des Verstehens

So höre ich diese große Zuversicht aus den Worten des Paulus. Meine Gewissheit mit Gott verbunden zu leben, die kommt nicht aus mir selbst. Es ist sein Geist, der dies zusagt und bestätigt: Diese lebendige Kraft, die Jesus aus den Armen des Todes gerissen hat, die lebt in mir, mit der darf ich mein Leben gestalten.

Als Christ hat Paulus seine neue Identität gefunden: „Ich bin nur ich mit Christus in mir, ich bin Paulus nur mit dem Geist Gottes, der in mir wohnt. Nur so sollt ihr mich kennen und so will ich euch kennen.“

Darum können Christen keine Identität haben, die sie unabhängig behaupten können, wie es das englische Wort I-dentity nahelegt. Ich bin mit mir selbst nicht allein. Ich bin ich nur in Gemeinschaft. Als Christ leben wir eine We-dentity – Christus in mir: „Du kannst mich nur haben mit Christus in mir.“ Wer dir begegnet, begegnet nie nur dir allein, es ist immer auch Christus in dir.

Paulus entlasted das ungemein, es erleichtert ihn: „Niemand soll mich festlegen auf mein Versagen, auf meine Schuld. Wer mir etwas vorwirft, soll wissen, den Vorwurf teile ich mit Christus. Er hilft mir damit zurechtzukommen, wenn ich an meine Grenzen komme, auch wenn ich schuldig werde. Von ihm lasse ich mich nicht trennen. Und ich weiß, er wird mein Leben wieder ordnen, wenn ich selbst den Überblick verliere. Ich bin nur ich in Gemeinschaft mit ihm.“

So gibt die Taufe dem Leben ein neues Wesen. Aus der isolierten I-dentität des einzelnen Wesens schlüpfe ich hinein in die We-dentity, in ein Leben, das nur im Wir gelingen kann.

Paulus beschreibt sein Leben seit seiner Taufe als ein ständiges Einüben in den Weg mit Jesus, als die lebensentscheidende Synergie seines Lebens: mit (syn)-getauft, mit (syn)-gestorben, mit (syn)-auferstanden.

Christsein kann darum nur bedeuten: Mit Christus sein, verbunden mit seinem Weg der verachteten Existenz, der abgelehnten Zuwendung und Hingabe, der siegreichen Auferstehung.

Zeit des Herzens

Die Taufe liegt vielleicht Jahre zurück, ist Teil meines kulturellen Erbes geworden, aber seit Langem unbeachtet. Ich nehme mir Zeit, Gottes Geschenk der neuen Gemeinschaft mit mir und mit vielen Schwestern und Brüder zu sehen und wertzuschätzen. Ich schaue auf mein Leben mit Christus und lasse ihn darin leben. Ich würdige das Leben von Christen, denen ich diesen Blick gönnen möchte: Ich kann dich nur haben mit Christus in dir. Daraus darf neue Gemeinschaft des Glaubens wachsen.

Dr. Burkhard Peter (*1958) stammt aus Schaumburg-Lippe, ist verheiratet und Vater dreier erwachsener Kinder. Er wirkte viele Jahre als Missionar in Äthiopien. Mit seiner Frau gehört er zur Geschwisterschaft Koinonia und arbeitet als Pastor und Superintendent in Schaumburg-Lippe.

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