Ankommen in Gottes Gegenwart

Ich stelle mir die Gegenwart Gottes bildlich vor: Gott lässt mich in sein Licht eintauchen. Als seinem geliebten Kind schenkt er mir Ruhe, Gelassenheit, Wärme und Helligkeit, um für eine Weile wieder zu mir selbst finden zu können. Ich kann meinen Alltag in diesem neuen Licht sehen.

Vorbemerkung

Der letzte Sonntag nach Epiphanias trägt noch die Farbe Weiß: noch leuchtet das Licht von Weihnachten. Im Betrachtungstext wird das im Leuchten auf Moses Gesicht aufgenommen. Verbunden damit ist auch der Evangeliumstext dieses Sonntags, die Verklärung Jesu, bei der die Jünger Jesus mit Mose und Elia als Lichtgestalten auf dem Berg sehen. Die Texte verbindet, dass sich zu Epiphanias Gott den Menschen in seiner leuchtenden Klarheit zeigt. Der Abschluss der Epiphaniaszeit bildet aber auch die Überleitung zur Passionszeit, der Leidenszeit Jesu. Was mir in dieser Betrachtung als Bild für Gottes Klarheit und Gegenwart geschenkt wird, kann mich in die Passionszeit begleiten.

Schauen mit allen Sinnen

Mose hat eine intensive Zeit von 40 Tagen zusammen mit Gott auf dem Berg verbracht. Sie haben an den Tafeln mit den Zehn Geboten gearbeitet, schon zum zweiten Mal. Die ersten Tafeln hatte Mose im Zorn zerbrochen, als er mit ihnen vom Berg Sinai kam und sah, dass das Volk das goldene Kalb anbetete. Aber dann fordert Gott Mose auf, sich noch mal neue Steintafeln zurechtzuhauen! Eine Arbeit, die man schon mal getan hat und dann unfreiwillig noch mal tun muss, tut man oft erst mal widerstrebend. Manchmal kann man aber auch die bereits gewonnene Erfahrung nutzen und dann wird das Werk sogar besser als beim ersten Mal. Als die Gesetzestafeln endlich fertig sind, hat Mose nun sicher das gute Gefühl, etwas richtig erfolgreich abgeschlossen zu haben! Vielleicht ist er stolz auf seine Arbeit.
Erst als Mose wieder auf sein Volk trifft, zeigt sich, wie ihn die Arbeit verändert hat. Nach dieser langen Zeit zusammen mit Gott ist Mose davon „gezeichnet“. Sein Gesicht strahlt so sehr, dass es für andere kaum erträglich ist. Erst als Mose sie auffordert, kommen Aaron und die anderen Männer und hören, was Mose ihnen von Gott ausrichtet. Danach verhüllt Mose sein Gesicht.

In den verschiedenen Übersetzungen des Textes wird Moses Umgang mit dem Verhüllen unterschiedlich dargestellt: In einigen Versionen verhüllt er sein Gesicht dann, wenn er vor das Volk tritt und stellt sich im Tempel wieder unverhüllt vor Gott. In anderen Übersetzungen verhüllt er sich weder, wenn er mit den Menschen noch, wenn er mit Gott spricht, wohl aber zwischendurch.

Klar wird in jedem Fall, dass das Strahlen eine Herausforderung für Mose und für seine Mitmenschen darstellt, aber auch etwas Kostbares und ein Zeichen ist. Mose muss mit dem Strahlen so umgehen, dass er dadurch nicht getrennt von den anderen Menschen ist. Er schafft den Spagat, das Leuchten und damit auch die Erinnerung an die Zeit mit Gott für sich wach und lebendig zu halten und gleichzeitig wieder für das Volk ansehbar zu werden, um ihnen ein guter Vermittler zu Gott zu sein.

Welche Szene wird in meiner Vorstellung am lebendigsten? Wie Mose zusammen mit Gott auf dem Berg arbeitet und spricht und langsam den Glanz Gottes annimmt? Oder der Augenblick, wo das Volk Mose wiedersieht und erkennt, dass sich etwas an ihm verändert hat? Wie Mose eine Lösung findet, um sich dem Volk wieder anzunähern und weiter ihr Anführer zu sein? Oder ist es noch etwas anderes?

Weiterführende Gedanken

1. Verändert sich etwas, wenn ich Gott begegne?

Mose ist nicht mehr der gleiche Mensch als er vom Berg hinuntersteigt. Habe ich das auch schon erlebt? Habe ich mich schon mal durch die Begegnung mit Gott oder durch die Beschäftigung mit seinem Wort umgewandelt gefühlt?

Dabei kann es wie für Mose auch für mich eine Herausforderung sein, mich von Gott verändern zu lassen und trotzdem meinen Mitmenschen so nah wie vorher zu bleiben. Kenne ich auch das Gefühl, durch meine Erfahrungen im Glauben und mit Gott meinen Mitmenschen fremd zu erscheinen? Wie kann ich da gleichzeitig herausfordernd und verbindend sein?

2. Was sieht man mir an?

Wann hat mir das letzte Mal jemand gesagt „Man sieht es Dir an“ – Schönes oder Schweres? Wurde das, was in mir innen passierte, nach außen sichtbar? Und wenn es so wäre, dass Menschen an meinem Gesicht erkennen können, wie es mir geht, möchte ich das? Auch hier tut sich ein Zwiespalt auf: ich kann mein Inneres schützen, wenn niemand meine Gefühle an meinem Äußeren ablesen kann. Aber wenn ich zeige, was in mir vorgeht, gebe ich meinen Mitmenschen die Möglichkeit darauf zu reagieren, mich vielleicht zu unterstützen oder sich mit mir zu freuen.

In Moses Fall hat Gott in Moses Gesicht geschrieben und die anderen Menschen konnten daraus eine Botschaft von Gott lesen. Der helle Glanz stand für etwas Schönes und Mächtiges. Wenn Gott ein Zeichen hinterlässt, ist das auch die Botschaft „Dieser Mensch gehört zu mir. Hier wirke ich und gehe mit.“ Nachdem das Volk bei Moses erster Zeit mit Gott auf dem Berg das glänzende Goldene Kalb umtanzt hat, um einen „sichtbaren Gott“ zu haben, braucht es jetzt vielleicht diesen Glanz auf Moses Gesicht als sichtbares Zeichen von Gottes Größe.

Ich habe es nicht in der Hand, ob eine Begegnung mit Gott etwas in mir bewirkt oder nicht. Ich kann mich nicht willentlich von Gott strahlend machen lassen. Es ist ein Geschenk, wenn eine Begegnung mit Gott noch nachwirkt!

Zeit des Herzens

Ich erinnere mich daran, welcher Gedanke mir in den letzten Wochen der jetzt endenden Advents- und Weihnachtszeit wichtig geworden ist. Oder ich erinnere mich an einen Augenblick, in dem ich mich Gott nahe gefühlt habe. Kann ich diese Erinnerung für mich in ein Merkwort oder Bild zusammenfassen, dass ich wie ein Zeichen Gottes mit in meinen Alltag nehme?

Wiebke Schilling

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