Die Geschichte anschauen

… drinnen der reiche Mann… Purpur, kostbar, herrlich, Freude

… draußen der arme Mann…Geschwüre, lecken, begehren, Abfälle

… drunten der reiche Mann… tot, begraben, Glut, Qualen

… droben der arme Mann… tot, getragen, Schoß, Trost

… von unten der tote Mann… Vater, erbarme, sende, tunke, lösche

… von oben Abraham…Kind, gedenke, gehabt, Kluft, niemand, herüber, hinüber

… von unten… sende, warne, Brüder

… von oben…Mose, Propheten, hören

… von unten… wenn, würde

… von oben… wenn nicht, auch nicht

Sich selbst wahrnehmen

Diese wort- und bildgewaltige Geschichte kann Vieles auslösen: Assoziationen, Gedankengänge, Fragen, Empfindungen. Ich nehme wahr, was die Geschichte bei mir hervorruft. Nicht allem kann jetzt nachgegangen, nicht alles geklärt werden.

Einem Blickwinkel folgen

Da ist einer, der wird hochgehoben, der wird von Engeln getragen, er wird aufgehoben und er ist aufgehoben bei Gott; er ist vollkommen geborgen, wie ein Kind in einem Schoß. So kann Glauben erfahren werden: von Gott aufgehoben werden, bei Gott aufgehoben sein. So beschreibt es auch Maria in ihrem Lobgesang (Lukas 1, 46ff). Sie selbst wird angesehen und erhoben. Großes geschieht an ihr. Was sie an sich selbst erfährt, gilt zugleich umfassend für die Welt: „Die Mächtigen stürzt er vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.“

Einer Frage nachgehen

Der gerechte Ausgleich zwischen dem Reichen und dem Armen ist in der Lazarus-Geschichte ins Jenseits verschoben. Jedoch nicht nur. Das Gespräch zwischen dem Reichen und Abraham zielt auf die Frage, wie die noch auf Erden lebende Generation dazu bewegt werden kann, gerechter zu leben.

Der reiche Mann meint, dass eine übernatürliche Machtdemonstration, wie eine Erscheinung aus dem Jenseits, seine Brüder beeindrucken könnte, damit sie ihr Leben ändern und ihren Reichtum teilen. Davon hält Abraham jedoch nichts. Er setzt nicht auf göttliches Machtgebaren, nicht auf Manipulation von Menschen. Mose und die Propheten (müssen) genügen.

Die Geschichte zeigt keinen neuen, erfolgversprechenden Weg auf, wie soziale Gerechtigkeit auf Erden erreicht werden kann. Sie verweist auf das, was wir schon haben. Wir haben Mose und die Propheten. Wir haben Jesus und die ganze christliche (und nicht-christliche) Lerngemeinschaft durch die Jahrhunderte hindurch. Wir gehören selbst dazu, als Menschen, die von Gott angesehen und aufgehoben wurden. Wir können mit den Benachteiligten in Nah und Fern mitfühlen, wir können auf unterschiedlichster Weise handeln und wirksam sein.

Ein weiterführender Impuls

Ein Wort des Propheten Micha steht exemplarisch für all das, was Mose und die Propheten gelehrt und gelebt haben (Micha 6,8):
Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist und was Gott von dir erwartet: Gerechtigkeit üben, Gemeinschaftssinn lieben und aufmerksam mitgehen mit deinem Gott.

Die Micha-Initiative Deutschland, die sich auf diesen Propheten bezieht, gibt geistliche und praktische Impulse, wie Menschen in Deutschland und Europa mehr globale und schöpfungsgemäße Gerechtigkeit leben können (https://micha-initiative.de/).

Ortrud Diemer, Halle (Saale)

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