Hinführung

Weihnachten hat in unserer Tswana-Kirche in Südafrika lange nicht den Stellenwert wie Karfreitag. Der leidende und sterbende Jesus ist den Menschen hier viel näher als das Kind in der Krippe. „Meine“ Kindergartenkinder hören staunend die Weihnachtsgeschichte. Der Herr Jesus ein kleines Kind wie sie? Und dann eine große Freude, dass es so ist. Jesus Christus kommt ihnen so ganz nahe.

Wer war Micha? Er wird als einer der zwölf „kleinen Propheten“ aufgeführt. Zeitgleich mit ihm hat der uns bekanntere „große Prophet“ Jesaja gewirkt. Auch Micha weiß sich von Gott Jahwe berufen und in seinem Prophetenamt bestätigt: „Ich aber bin voll Kraft, voll Geist des Herrn, voll Recht und Stärke, dass ich Jakob seine Übertretung und Israel seine Sünden anzeigen kann.“ (Mi 3,8).

Zeit, in die Gegenwart Gottes zu kommen

Auch ich habe Weihnachten in Südafrika noch einmal ganz neu erfahren. Bei einer Hitze von 35 °C und mehr verfliegt die „deutsche Weihnachtsstimmung“ ganz. Gottes Wort „pur“ wird frei gelegt.

Zeit des Schauens

Zur Zeit des Propheten Micha erschüttern politische Unruhen das Land. Die Assyrer haben es besetzt und die Oberherrschaft übernommen. Israel ist bis ins Tiefste seiner Seele aufgewühlt. Gott scheint fern gerückt und Bestechung, Bereicherung und Rechtsverdrehung der Oberschicht und „Kirchenführer“ Israels ist an der Tagesordnung (Mi 3,9-11). Es rechnet kaum noch jemand mit Gottes konkretem Eingreifen ins Weltgeschehen.

Nun aber geschieht gerade dies in Michas Verkündigung, wenn er sagt: „Und du, Bethlehem Ephrata, die du klein bist unter den Städten in Juda. Aus dir soll mir kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und Ewigkeit her gewesen ist.“ Die Kleinstadt Bethlehem, nicht weit vom pulsierenden Leben Jerusalems entfernt, hat Gott zum geistlichen Zentrum Israels und der Welt ausersehen. Hier soll der Heiland der Welt geboren werden!

Zeit des Verstehens

1. „Und du Bethlehem Ephrata, die du klein bist unter den Städten Judas“

Gottes Spezialität scheint das Kleine und oft Unscheinbare zu sein. Gottes Heilsplan geschieht aus der Stille heraus und wächst im Verborgenen (s. Lk 2,52): „Jesus nahm zu an Weisheit…“ Wir sind Gott nicht egal, mag unser Glaube auch noch so klein und angefochten sein. Jesu Geburt zeigt Gottes große Liebe zu uns. Nehmen wir sie an?

2. „Aus dir soll mir kommen, der in Israel Herr sei“

Gott hatte einen Lebensplan, eine Berufung und ein Ziel für seinen Sohn Jesus Christus, und er hat dies auch für uns.

Jesus sollte in Israel Herr sein. War er das? Hatte er Erfolg? Hat er einen großen und zuverlässigen Mitarbeiter Kreis? Lesen wir die Evangelien, so müssen wir eher urteilen: Das Gegenteil war der Fall. Hat Jesus deshalb versagt? Nein! Jesus hat durch sein Leben und Wirken in Israel veranschaulicht, wie Gott wirklich ist.
Gott ist ein liebender, helfender und vergebender Vater, der neue Gemeinschaft schenken will. Darum geht es. Vertrauen wir unser Sein und Tun, auch bei Misserfolgen, der Führung Gottes an? Wissen wir uns von Gott angenommen?

3. „Dessen Ausgang von Anfang und Ewigkeit her gewesen ist“

Das ist eine Aussage, die allein vom Verstand her nicht nachzuvollziehen ist. In den Evangelien lesen wir, wie viele Menschen in Israel Jesus nicht verstehen, wenn er ihnen Gottes Wort nahe bringen will. Sie verschließen sich. Andere wiederum öffnen ihr Herz für Gottes Wort. Sie vertrauen dem Wort Gottes und glauben. Glauben und Vertrauen kann nur der heilige Geist Gottes schenken. Wo das geschieht, wächst Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch. Wie sehen da meine Erfahrungen ganz konkret aus? Was haben sie in meinem Leben bewirkt? Bin ich bereit, sie auch an andere weiter zu geben?

Zeit des Herzens

1. Wo ist unser geistliches Zentrum? Wo finden wir Stille vor Gott? Wo öffnen wir uns dem Wort Gottes, dass unser Vertrauen zu Gott wachsen kann?

2. Gott hat auch für uns eine Lebensplan, eine Berufung und ein Ziel. Können wir das glauben und annehmen? Haben wir da Gottvertrauen?

3. Diese geistliche Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott und Menschen will der heilige Geist auch uns schenken – hier und jetzt und bis in Ewigkeit. Sind wir bereit, uns dieser großen Kraft auszusetzen?

Ilse-Marie Hiestermann, geboren 1953 in Müden, gestorben 2019 ebendort, stammte aus der evangelischen Jugendarbeit in Müden bei Hermannsburg. Sie war ausgebildet zur Erzieherin und zur Diakonin  (MBK Bad Salzuflen). 1984 ging sie als Missionarin mit Dr. Angelika Krug nach Südafrika und trat dort 1987 in die Communität Kononia ein. Unter dem Volk der Tswanas gründete sie nacheinander drei Kindergarten und übergab sie in einheimische Verantwortung. Sie gehörte zum Communitätskonvent in Mafikeng. Sie kehrte 2012 nach Deutschland zurück und lebte im Communitätshaus in Germerode. Sie hat diese Betrachtungsanleitung während ihrer Zeit in Südafrika verfasst.

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