Foto: Dita Flake

In den Texten zum 4. So vor der Passionszeit wird Jesus als der Herr vorgestellt, der auch Macht über Naturgewalten hat. Angst vor ungebändigter Schöpfung verbindet sich oft mit Erfahrung von Meeresflut. Darum erinnern die Lesungen aus Jesaja 51,9-16 und das Evangelium aus Markus 4, 35-41 daran, dass selbst gewaltige Fluten dem Wort Gottes gehorchen müssen. Im Wochenpsalm 107 bekennt jemand, wie er Gott als den erfahren hat, der ihn aus schwieriger Not errettet hat.

Zeit, in die Gegenwart Gottes zu kommen

Die Jünger haben einen unglaublichen Tag mit Jesus erlebt. Mehrere tausend Menschen haben aus Jesu Hand Brot erhalten, als sie sich Sorge machten, woher sie Nahrung erhalten sollten. Schließlich werden alle satt. Und es bleibt mehr übrig als sie vor der Mahlzeit zur Verfügung hatten.

Jesus nimmt die Jünger aus dieser Volksmenge heraus. Mit Jesus erleben sie Gottes Gegenwart, indem sie auch äußerlich Abstand nehmen, ihr Tagewerk hinter sich lassen. Jesus schickt seine Jünger voraus, um einsam vor Gott im Gebet zu verweilen. Dies vollziehen wir innerlich nach und nehmen dabei Abstand zu dem, was uns erfüllt, umtreibt und vielleicht wieder der Menge, der Arbeit, der Zerstreutheit in die Arme treiben will: bei Gott ankommen.

Zeit des Schauens

In einem Boot, dessen Größe dem Meer gewöhnlich standhält, sehen wir die Jünger vor uns. Sie haben sich der Anweisung Jesu anvertraut und die Fahrt über das Meer angetreten. Dabei erleben sie eine böse Überraschung: Sturm kommt auf. Der starke Wind begegnet ihnen unvermittelt, wenn gleich sie als erfahrene Seeleute darauf hätten eingestellt sein können. Die Wellen schlagen hoch; die Fahrt wird zunehmend mühsam, sie geraten in Seenot. Sie nehmen ihren Willen zusammen, der dieser widrigen Wirklichkeit trotzen soll. Sie kämpfen beherzt aber erfolglos. In dieser Dunkelheit, unter den über sie schlagenden Wellen und in den bedrohlichen Winden versagen ihre Kraft und ihr Rat.

Zu ihrem eigenen Erschrecken erscheint dann noch der Inbegriff allen Übels, ein Gespenst. Sie erkennen nicht, wer ihnen auf dem Meer entgegenkommt. In aller Frühe, wenn sie gewöhnlich zu ihrer Arbeit auf dem See aufbrachen, zwischen 3 und 6 Uhr, erscheint ihnen Jesus. Sie nehmen ihn wahr, doch erkennen können sie ihn nicht.

Ihre Furcht schreien sie gegen das donnernde Wasser, aber Jesus hört darin ihren Hilferuf. Darum kann er besänftigend zu ihnen sprechen: Ich bin es. Mit seiner Person bürgt er dafür, dass sich die Situation verändert.

Nun schauen wir auf das Gespräch, das Jesus mit seinen Jüngern führt. Es ist ein Gespräch, dessen äußere Umstände man sich ungünstiger nicht ausmalen kann. Doch darin kommt es zu einer existentiellen Begegnung, die wir uns anschaulich vergegenwärtigen, indem wir Jesus im Austausch mit Petrus anschauen.

Petrus ist der Kraft des Sturmes nicht gewachsen und ruft verzweifelt nach Jesus. In seine Nähe will er kommen, was er aber für undenkbar hält.

Jesus und Petrus kommen auf dem Wasser, dem Haltlosen, Abgründigen und Bodenlosen, aufeinander zu. Sie behalten sich im Blick, schauen sich an, kommen sich näher. Das gilt auch dann noch, als Petrus seinen Blick erneut den Wellen zuwendet. Jesus behält ihn weiterhin im Auge, sieht wie er Grund unter seinen Füßen verliert, erschreckt um Hilfe ruft.

Ihre Hände finden zueinander. Jesus hält Petrus an der Hand und erreicht mit ihm den sicheren Grund des Bootes. So entsteht ein Bild äußerster Dramatik, deren innere Spannung sich im Blick Jesu, in seinem festen Zugriff, aber auch in seiner gewinnenden Frage nach dem Kleinglauben des Petrus spürbar wird.

Die Lage kommt erst zur Ruhe, als Jesus ins Boot tritt, der Wind zur Ruhe kommt und die Jünger erkennen, dass Jesus ihnen wirklich als Sohn Gottes aus eigener höchster Not geholfen hat. Darin ist die Erzählung zum Ziel gelangt. Nicht das grundsätzliche Wissen um Jesu Macht in der Schöpfung (Speisung der 5000), sondern die persönliche Erfahrung seiner Rettung führt zu dem Bekenntnis: Du bist Gottes Sohn. Danach weitet sich der Horizont erneut, viele kommen zu Jesus.

Zeit des Verstehens

Petrus hat eine besondere Glaubenserfahrung gemacht. Durch sein Wagnis hinauszugehen kommt er mit seiner verzweifelten Gemeinschaft aus ihrer Angst und ihrer realen Not heraus zu der Einsicht, dass sie Jesus begegnen. Damit eröffnet Petrus seinen Kollegen im Boot eine neue Erfahrung mit Jesus, die ohne seinen Schritt kaum möglich gewesen wäre.

Dazu muss aber eine zweite Bewegung kommen, sich von Jesus an die Hand nehmen und in die eigene Gemeinschaft zurückführen zu lassen. Denn sie gehören mit Jesus in ein Boot. Petrus wird nicht ein neues Boot des Glaubensmutigen angeboten. Sein Weg zurück in die Gemeinschaft bedeutet ein Wagnis. Petrus weiß, wie er beinahe versunken wäre, wovon aber seine Gemeinschaft nichts ahnen kann.

Zeit des Herzens

Wie gelingt es uns, den Weg in Gemeinschaft zurückzufinden, wenn wir uns zu einem besonderen Schritt aufgemacht haben? Wer sich mutig auf Jesus zu bewegt hat und ehrenamtlich oder beruflich eine neue Aufgabe begonnen hat, hat dabei vielleicht nasse Füße bekommen.

Ist es zu einer besonderen Begegnung mit Jesus gekommen, bei der deutlich wurde, wie ich mich auf ihn verlassen kann? Wie gelingt danach der Weg wieder zurück, so dass ich mich trotz und nach der besonderen Erfahrung wieder einreihe in die Gemeinschaft?

Es kann zu einem gemeinsamen Bekenntnis zu Jesus kommen: Du bist wirklich Gottes Sohn.

Burkhard Peter

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