Foto: Wiebke Schilling

Hinführung und Ankommen in Gottes Gegenwart

Der heutige Reformationstag steht im Zeichen der Erinnerung an Martin Luthers Thesenanschlag im Jahr 1517. Luther hatte den Mut, Grundsätze der Kirche in Frage und zur Diskussion zu stellen. Er fragte danach, was den Glauben eigentlich ausmacht und was den Menschen mit Gott verbindet. Diese Fragen sind heute so aktuell wie damals: Sind unsere eigentlichen Glaubensfragen hinter Dogmen verschwunden? Was macht unsere Beziehung zu Gott aus?

Psalm 46 ist der Zuspruch, dass Gott trotz aller äußeren Katastrophen und innerer Glaubenskämpfe bei uns ist, dass er wie eine Burg für uns ist.

Auf der Grundlage dieses Psalms hat Luther das Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ (EG 362) gedichtet. Wer möchte, kann sich das Lied ergänzend zum Bibeltext anschauen.

Schauen mit allen Sinnen

Das Foto zeigt die Wartburg bei Eisenach. Sie ist zum Sinnbild einer „festen Burg“ geworden, weil sie Luther als Zuflucht und Versteck gedient hat, so dass dieser hier das Neue Testament ins Deutsche übersetzten konnte.

Die Wartburg wurde mehrmals belagert, aber nie erobert. Wenn man sie sich heute anschaut, wirkt sie noch immer uneinnehmbar, fest und erhaben, weithin sichtbar auf einem Berg stehend. Obwohl ihre Teilbereiche zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedensten Stilrichtungen gebaut wurden, widersteht die ganze Burg wie ein einheitlicher Wall gegen alles, was an Bedrohungen von außen kommen könnte. Die unterschiedlichen Teile der Burg spiegeln ihre Geschichte wider und zeigen, dass es ihren Erbauern zu jeder Zeit wichtig war, Schutz zu bieten. Die festen Außenmauern ermöglichen im Inneren der Burg Frieden und Leben.

Im Bibeltext werden verschiedene Bedrohungen von außen beschrieben und im Gegensatz dazu die Gottesstadt wie das Innere einer Burg dargestellt (V. 5+6). Wir können uns das Bild vergegenwärtigen, indem wir uns vorstellen, wie es ist, außerhalb der Burg oder im Inneren zu sein. Auf der einen Seite Naturkatastrophen, Krach, Krieg und Feinde und auf der anderen Seite frisches Wasser, Ruhe, Gottes Gegenwart. Wie ist es, im Inneren der Burg anzukommen? Welche Gefühle zeigen sich nach dem ersten Aufatmen? Ist die Bedrohung von außen noch zu spüren? Von der Burg hat man auch einen Ausblick über die Mauern: Was ist zu sehen und wie ordnet es sich ein?

Weiterführende Gedanken

Was ist das für ein aktueller Text! Bei den Worten „Darum haben wir keine Angst, auch wenn die Erde bebt“ und „er macht dem Krieg ein Ende in aller Welt“ wünschen wir uns sofort, dass es so wäre: dass wir keine Angst haben müssen trotz durch Menschen verursachter Naturkatastrophen und dass Gott den Krieg in der Welt beendet. Vielleicht sehnen wir uns auch nach einer festen Burg. In dem Moment, wo die Welt um uns herum bedrohlich ist, brauchen wir eine sichere Zuflucht mehr denn je. Wie kann es sein, dass Gott im Chaos und in den Katastrophen regiert? Wie kann Gott uns da schützen?

Es könnte sein, dass Luthers Gefühlswelt eine ähnliche war, als er das Lied schrieb. Er hatte nicht nur mit Verfolgung zu kämpfen. Zu seiner Zeit in Wittenberg gab es die Pest und andere tödliche Krankheiten und nicht nur im Bauerkrieg wurden Brutalität und Elend deutlich.

Trotzdem ist Luther angesichts von Katastrophen nicht kopflos und hektisch geworden, sondern hat sich nüchtern besonnen auf das, was ihm „gewiss“ war. Nämlich, dass Gott uns begleitet und an unserer Seite steht. Gott trägt uns durch die Stürme. Dadurch sind sie zwar nicht weg, aber die Nöte haben keine Macht über uns und unser Verhältnis zu Gott!

Auch die Zuversicht des Psalmbeters ist so gesehen eigentlich als Bitte zu verstehen: „Gib uns diese Kraft trotz aller widrigen Umstände!“ Es ist ein Gebet dafür, an Gottes Kraft und Hilfe glauben zu können. Es steht nicht in unserer Macht, einen Krieg zu beenden („mit unserer Macht ist´s nicht getan“) aber wir können erkennen, dass Gott die Macht hat. Das fällt uns in Krisensituationen besonders schwer. In einigen Übersetzungen steht in V. 11 sogar die Aufforderung an uns „macht Frieden“. So wenig oder so viel das ist – das ist es, was wir tun können, und den Rest tut Gott.

Luther hat jedem Menschen zugetraut, ein eigenes Verhältnis zu Gott zu haben. Und das braucht es auch, denn gerade in Krisen hilft es uns nicht, wenn jemand „für uns glaubt“. Einen Weg aus der Bedrohung durch düstere Nachrichten und Katastrophen können wir finden, wenn wir uns selbst an Gott wenden. Wir dürfen alle unsere eigenen Gotteserfahrungen machen, ohne „Übersetzer“. Das ist eine der Botschaften aus der Reformation. Wenn wir uns Zeit für die Stille nehmen, können wir Ängste und Hoffnungen zulassen und vor Gott bringen.

Zeit des Herzens

Was sind meine „Grundlagen“ im Glauben, die manchmal versteckt sind, die mir aber immer wieder Kraft geben? Was ist meine „feste Burg“?

Wiebke Schilling

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