Hinführung

Der Text ist der Schluß eines größeren Abschnitts, in dem Paulus das Verhältnis zwischen Christen und Juden behandelt. Paulus dankt Gott, dass er Wege finden wird , so dass auch die Israeliten auf seine Gnade hoffen können. Der Text verdeutlicht, dass Gott viel mehr Möglichkeiten hat uns in sein Erbarmen einzubeziehen, als wir uns vorstellen.

Zeit, in die Gegenwart Gottes zu kommen

In der Betrachtung schauen wir auf Paulus wie er erleichtert den Blick zu Gott erhebt. Nach schweren Sorgen um das Heil der jüdischen Glaubensgemeinschaft, seiner geistlichen Herkunft, findet Paulus Frieden. Er läßt die quälende Frage nach Israels Heil los und stimmt einen Lobgesang auf Gottes Weisheit an. Dies kann uns als Inspiration für den Umgang mit eigenen geistlichen Fragen dienen.

Zeit des Schauens

Paulus ist wie ein Arzt, der eine Diagnose stellen soll, aber die Ursache der Krankheit nicht erklären kann. Er bemüht seine ganze Kunst, wendet den Fall hin und her, geht ihn von verschiedenen Seiten an, aber seine Erklärungsversuche werden nicht klar. Dies ist für den Patienten und seine Angehörigen unbefriedigend.

Der Arzt Paulus ist in Not. Da fällt ihm ein befreundeter Facharzt ein, der solche unerklärbaren Fälle behandeln kann. Welch eine Erleichterung! Er schreibt eine Überweisung. Dann erklärt er seinem Patienten, was das Besondere an dem befreundeten Arzt ist, weil er den Patienten nicht einfach nur abschieben will. So erzählt er von den hervorragenden Fähigkeiten dieses Arztes. Ebenso spricht er davon, wie dieser Arzt auch ausweglose Situationen wenden konnte. Paulus und die anderen Ärzte waren von den Lösungen dieses besonderen Arztes immer wieder überrascht. Keiner von ihnen wäre auf dessen Lösungen gekommen. Auf diese Weise will er in seinem Patienten und dessen Angehörigen eine begründete Hoffnung auf die Fähigkeiten dieses besonderen Arztes wecken.

Zeit des Verstehens

Warum nicht gleich alles an Gott delegieren? Warum müht sich Paulus im Brief an die römischen Glaubensbrüder zwei lange Kapitel mit den Fragen nach dem Heil Israels, wenn es am Ende doch nur auf das Lob Gottes und dessen Unerforschlichkeit hinausläuft? Es ist eben nicht nur eine interessante Sachfrage, sondern vor allem eine Frage des Vertrauens.

Vordergründig ist es eine Frage des Vertraues der römischen Christen in Paulus, aber wichtiger noch, es ist eine Frage des Vertrauens in den Gott, den Paulus verkündet. Ein Arzt, der immer gleich an einen anderen weiterverweist, wirkt vielleicht nett, aber ganz sicher nicht vertrauenswürdig und kompetent. Deshalb nimmt Paulus das Problem der Heilsfrage für Israel ernst und müht sich damit ab. Er tut dies zu Recht, da es nicht von vorherein klar ist, dass es eine befriedigende Antwort auf diese Frage gibt. Erst dann, als Paulus seine Kompetenz gezeigt hat, delegiert er die Frage an Gott weiter und preist Gottes Weisheit und Reichtum an Erkenntnis.

Weil Paulus als kompetenter Theologe seine Grenzen deutlich macht, gewinnt dieser Lobpreis Gottes an Größe und Kraft. Gott ist viel größer als der große geistliche Paulus. So steht bei Paulus der Lobpreis nicht unter dem landläufigen Spruch „Gott wird es schon richten“, der nach billiger Vertröstung riecht, sondern unter dem Motto „Nur Gott kann es richten und sonst keiner“.

Kraftvoller Lobpreis, der aus der Tiefe des Herzen kommt, ist also keine leichte, am besten in Liedform harmonisch abgemischte Sache, sondern erfordert, dass wir uns mit ganzer Kraft an Gott hängen und nach Antworten auf unsere Fragen suchen.

Zeit des Herzens

Wo werden mir in meinem Leben bestimmte Fragen schwer? Was kann mir helfen, diese Fragen an Gottes Weisheit zu überweisen? Auch die alternative Position kann in der Konkretion bedacht werden: delegiere ich zu leichtfertig Probleme an Gott, um die ich mich eigentlich selbst kümmern müßte? Wo sollte ich hartnäckiger nach befriedigenden Antworten auf drängende Lebensfragen suchen und nicht billigem Trost das Wort reden?

Alexander Hinneburg

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